Noch haben wir nie eine Olympiamedaille gewonnen. Aber wir nähern uns diesem äusserst hohen Ziel mit grossen Schritten. Heute schaffte es die ehemalige K&S Schülerin, Melanie Hasler, in die Diplomränge und wurde tolle siebte. Die junge Bobpilotin startet in China im Zweierbob zusammen mit Nadja Pasternack. Zudem tritt sie im Monobob an. Diese Disziplin wird in Peking zum ersten Mal auch an Olympischen Spielen ausgetragen – exklusiv bei den Frauen. Im Monobob schaffte es Hasler nun mit einer beherzten Fahrt im vierten Lauf zum Diplom. Herzliche Gratulation!
Vom Volleyball-Talent zur Bobpilotin
«Da habe ich gemerkt, dass ich eine Medaille gewinnen kann», so Hasler und lacht. «Ich war auch ein wenig überrascht, das muss ich zugeben.» Da die Strecke neu sei, hätten alle Athletinnen die gleichen Bedingungen. Hasler will aber nicht zu optimistisch sein. «Klar, eine Medaille ist möglich», so das junge Schweizer Sporttalent, «ein Olympia-Diplom wäre aber auch schon unglaublich.»
Unglaublich. Das ist auch ein wenig die Geschichte, wie die Aargauerin Bobpilotin wurde. Jahrelang spielte Hasler Volleyball – und das auf einem Top-Niveau. Mit 13 trainierte sie siebenmal in der Woche (und besuchte die K&S Zürich), später gehörte sie im Beachvolleyball zum hoffnungsvollen Nachwuchs. Und dann kam Christoph Langen, der zweifache Bob-Olympiasieger aus Deutschland. Langen war 2017 Nachwuchsnationaltrainer der Schweizer Bobfahrer und auf der Suche nach neuen Talenten.
«Alle meinten: Ich muss Bob fahren»
In einem Sportlager in Tenero wurde die Sprungkraft der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gemessen. Und Hasler? Die überzeugte – und wie. Mitbekommen hat sie das nicht gleich. Das erste Mal habe sie davon gehört, als ihr Volleyball-Nationaltrainer in einem Training zu ihr kam. «Ich dachte, das sei ein schlechter Scherz. Ich wusste gar nicht, dass meine Sprungkraft für den Bobsport besser geeignet war», so die 23-Jährige.
«Alle meinten: Ich muss Bob fahren, ich muss diesen Sport ausprobieren. Und ich dachte einfach: Bob? Langen will mich verarschen», erzählt Hasler lachend. Dann gab sie sich aber einen Ruck und probierte die für sie neue Sportart aus. Schnell merkte sie: «Das will ich immer machen.» Hatte Hasler keine Angst? «Das erste Mal schon. Ich hatte eigentlich nur einen Gedanken: Hoffentlich stürze ich nicht.» Doch die Freude sei sofort da gewesen. Und mittlerweile habe sie auch keine Angst mehr. «Dazu habe ich doch gar keine Zeit. Wenn ich fahre, muss ich mich völlig konzentrieren. Jede Bewegung muss passen, Millimeter entscheiden, Hundertstel.»
Daheim liefen alle mit Maske rum – wegen Corona
Hasler setzt also alles auf eine Karte. Obwohl sie sich unerwartet schnell für die EM und WM qualifizierte, war es für sie nie leicht, finanziell zu überleben. Bobsport ist teuer. Ein neuer Schlitten kostet schnell einmal mehr als 60’000 Franken. Das Material ist entscheidend, der Zeitaufwand ist gross. Oder wie Hasler erklärt: «Es gibt nur Vollgas, man ordnet dem Bobfahren alles unter. Im Winter ist man eigentlich ein halbes Jahr weg. Ausser an Weihnachten ist man vielleicht mal daheim.»
Hasler ist Sportsoldatin, das hilft ihr finanziell. Später will sie ins Zeitmilitär. «Dann kann ich mich weiter voll auf den Sport konzentrieren», so die Aargauerin. Im Gespräch merkt man, dass sie einen Plan hat. Sie weiss, was sie will und wie sie ihre Ziele erreichen kann. Auch für Olympia ordnete sie alles unter. Gegen eine mögliche Corona-Ansteckung unternahm sie alles. «Vor meinem Abflug liefen wir daheim alle mit Maske rum, ich benutzte mein eigenes Bad.» Am Sonntag um 2.30 Uhr (Schweizer Zeit) gilt es ernst für Hasler. Dann heisst es für die Medaillenhoffnung: Den Eiskanal runter mit über 130 km/h. Hasler: «Schön!» (Bericht aus 20Minuten; Bildausschnitt aus SRF Dokumentation)